Wurzeln und Flügel

"Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen:
Wurzeln und Flügel."

Johann Wolfgang von Goethe

Wurzeln, getränkt in Lügen, Verrat und Betrug. Liebe findet man wenig, nur vereinzelt. Früher, in einer Zeit, an die man sich nicht erinnern mag, sich nicht traut, es nicht wagt, aus Angst, sie war nur eine Illusion, früher gab es sie. Die liebevollen Eltern. Gute-Nacht-Geschichten zum Einschlafen, einen Gute-Nacht-Kuss auf Stirn, Wange, Mund, viele geliebte Haustiere. Wann hat das alles aufgehört zu existieren? Was ist schief gegangen? Wie konnte sich das Blatt nur so schnell wenden und warum hat da niemand etwas gegen getan? Oder konnte man nichts dagegen tun? Musste es einfach so kommen?

Wie konnten alle einfach so zulassen, dass Kinder von solchen Eltern erzogen wurden? Es gibt Dinge, von denen sollten Kinder in einem gewissen Alter noch nichts wissen, nichts erfahren, und auf keinen Fall verstehen. Manchen Kindern wird das Kindsein verwehrt.

Einige erlernen es wieder, weil sie alte, morsche und zerbrechliche Wurzeln ersetzt haben durch stärkere, in Liebe und Freundschaft getränkte Wurzeln. Weil sie ihre Flügel benutzt haben, auch wenn der Weg schwer und man selber kraftlos war. Weil es die scheinbar einzige Rettung zu sein schien.

Und andere...erlernen es sehr spät, vielleicht nie. Weil sie durch die Erfahrungen zu früh erwachsen geworden sind, sein mussten und nun nicht mehr zurück können. Vielleicht auch gar nicht mehr zurück wollen. Sie suchen ihr Glück nicht mehr in Liebe und Freunschaft von anderen Menschen, sondern in materiellen Dingen. Dinge, die sie nicht verletzen, verlassen oder beschuldigen können.

Schuld daran sind Menschen, die es zulassen. Die nicht merken, wie schnell die Seele eines Kindes zerstört werden kann. Die sich einreden, dass alles halb so schlimm sei. Die nicht mit ihrem Leben klarkommen und dafür den Kindern die Schuld geben.

Ein grausames Gefühl, wenn man merkt, wie die eigene Kindheit wirklich war. Wenn man zu begreifen anfängt, weil das Verdrängen unmöglich geworden ist.

Am schwersten daran...
Verstehen ohne zu hassen.
Vergeben ohne Schuldzuweisungen.

3 Kommentare:

  1. Der einzigste Trost, dass vorbei ist was war und nur noch die Gegenwart zählt. Hassen und Schuldzuweisungen machen keinen Sinn mehr in der Gegenwart. Es zählt nur noch das Heute. Liebe Grüße.

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  2. Es tut so weh, wenn man erkennt, dass man sich die ganze Zeit etwas vorgemacht hat, wie etwas gewesen sein soll und es eigentlich gar nicht so war... Wahrscheinlich hat man es sich die ganze Zeit nur aus Selbstschutz eingeredet. Aber umso härter ist dann der Aufprall in der Realität.

    P.S.: Ich finde deinen Blog toll :)

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  3. Marcel: Ja, das stimmt. Es hat einfach keinen Zweck, sich noch weiter mit der Vergangenheit rumzuquälen. Aber manchmal lassen einem die Gedanken keine andere Wahl.

    dreamswithin. ♥: Genau so ist es. Zumindest bei mir. Aber besser, man erkennt es selber. Danke. :)

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Danke für deinen Kommentar. :-)